Kann der Bürgerbeauftragte in Betreuungsangelegenheiten helfen?
Eine Bürgerin bat den Bürgerbeauftragten um Unterstützung mit dem Ziel, dass ihr volljähriger, an einer psychischen Krankheit leidender Sohn einen anderen Betreuer bekommt. Die Mutter beschrieb, dass ihr 50-jähriger Sohn in einer eigenen Wohnung mit ihr zusammen in einem Haus lebe und sie infolge dieser räumlichen Nähesituation ihren Sohn bei der Alltagsbewältigung unterstütze. Mit der Arbeit des Betreuers ihres Sohnes war die Bürgerin in hohem Maße unzufrieden und trug dem Bürgerbeauftragten an konkreten Begebenheiten die Kritikpunkte vor. Diese hatte sie auch in einem Schreiben an das zuständige Betreuungsgericht benannt und um einen Betreuerwechsel gebeten. Vom Bürgerbeauftragten wünschte sie sich nun Unterstützung dabei.
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Lösungsansatz und Ergebnis:
Der Bürgerbeauftragte konnte letztlich nicht wie von der Bürgerin gewünscht für sie tätig werden, erläuterte ihr aber zum besseren Verständnis die Hintergründe und Zusammenhänge:
Die Betreuungsanordnung erfolgt in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren (§§ 1 bis 110 sowie 271 bis 341 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG -), für das spezielle Verfahrensgarantien festgelegt wurden. Der Betreute ist immer verfahrensfähig (§ 275 FamFG) und kann zum Beispiel gegen Beschlüsse Beschwerde einlegen und/oder einen Rechtsanwalt oder einen sonstigen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten mit seiner Vertretung beauftragen (§ 276 Abs. 4 FamFG). Auch die Betreuerauswahl und -bestellung erfolgt innerhalb des Betreuungsverfahrens. Unter bestimmten Umständen können mehrere Betreuer für einen Betreuten bestellt werden (§ 1899 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB -), z. B. auch ein Verhinderungsbetreuer. Der Betreute kann selbst Beschwerde gegen die Betreuerbestellung einlegen. Auch nahe Angehörige und die Betreuungsbehörde sind beschwerdeberechtigt (§§ 59, 303 FamFG). Ebenso kann der Betreuer gewechselt oder sein Aufgabenkreis erweitert oder eingeschränkt werden (§ 1908bBGB). Hierzu bedarf es einer Anregung an das Gericht. Auch eine Entlassung des Betreuers ist möglich (§ 1908 b BGB).
Welche Aufgaben die Betreuungsbehörde in diesem Zusammenhang wahrzunehmen hat, ist im Betreuungsbehördengesetz (BtBG) festgelegt. Danach unterstützt die Betreuungsbehörde das Betreuungsgericht, insbesondere durch die Gewinnung geeigneter Betreuer (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BtBG). Entscheiden tut aber das Betreuungsgericht. Diese Feststellung war im vorgetragenen Fall wichtig:
Denn der Bürgerbeauftragte hat den gesetzlichen Auftrag, Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit der Verwaltung zu beraten und zu unterstützen. „Verwaltung“ in diesem Sinne bedeutet gesetzesvollziehende Verwaltung; gemeint sind also die Behörden des Freistaats Thüringen, die geltendes Recht anwenden und umsetzen. Gerichte sind aber keine Verwaltung in diesem Sinne, sondern gehören im gewaltenteilenden Rechtsstaat zur rechtsprechenden Gewalt. Bei Angelegenheiten, die bereits gerichtshängig waren oder sind, hat der Bürgerbeauftragte deshalb ein rechtlich zwingendes Befassungshindernis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 + 2 Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz). Gerichte sind nun allerdings nicht nur für die Rechtsprechung zuständig, sondern ihnen sind auch bestimmte Verfahren zur Regelung privatrechtlicher Angelegenheiten zur Erledigung zugewiesen wie z.B. Nachlass-, Grundbuch- oder auch Betreuungsangelegenheiten. Dieser Aufgabenbereich wird auch "Freiwillige Gerichtsbarkeit" oder „vorsorgende Rechtspflege“ genannt.
Dieser Aufgabenbereich war im gegebenen Sachverhalt betroffen, weshalb der Bürgerbeauftragte sich hier nicht wie von der Mutter gewünscht inhaltlich mit dem Ziel eines Betreuerwechsels einschalten durfte.
Seine Unterstützung im gegebenen Fall hätte lediglich in Bezug auf die Betreuungsbehörde stattfinden können und dies auch ‚nur‘ hinsichtlich einer reibungslosen Zusammenarbeit, nicht jedoch in inhaltlich-bewertender Hinsicht. Denn in die fachliche Beurteilung, wer im gegebenen Fall ein geeigneter Betreuer für den Sohn ist bzw. ob seine Mutter eine geeignete(-re) Betreuerin für ihn wäre, darf sich der Bürgerbeauftragte nicht einmischen.
Zum weiteren Vorgehen regte der Bürgerbeauftragte daher an, dass die Bürgerin ihren an das Betreuungsgericht gesandten Antrag auf Betreuerwechsel auch an die Betreuungsbehörde richtet. Sofern die Bürgerin dann im Nachgang dazu die Arbeit der Betreuungsbehörde als unzureichend wahrnehmen sollte oder sich Reibungsverluste/Kommunikationsdefizite im Umgang mit der Behörde ergeben sollten, hätte sie jederzeit wieder auf den Bürgerbeauftragten zukommen können. Dies geschah nicht, sodass von einer einvernehmlichen Klärung der Angelegenheit ausgegangen werden konnte.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.