Ausgleichsbetrag – was hat das mit einem Sanierungsgebiet zu tun?
Eben diese Frage hatte sich auch ein Bürger gestellt, der sich mit der Bitte um Unterstützung an den Bürgerbeauftragten gewandt hatte.
Der Bürger ist Eigentümer eines Hauses in einem Sanierungsgebiet und war durch die Stadt per Bescheid zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages herangezogen worden. Da er die Forderung der Stadt nicht nachvollziehen konnte, hatte er sich mit der Bitte, deren Rechtmäßigkeit zu prüfen und ihm hierzu Informationen zukommen zu lassen, an den Bürgerbeauftragten gewandt. Insbesondere ging es ihm darum, dass er infolge der Festsetzung als Sanierungsgebiet einerseits etliche Beschränkungen und finanzielle Lasten habe hinnehmen müssen (z. B. keine Genehmigung für eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, Vorgaben für zu verwendende - letztlich teurere - Materialien bei der Haussanierung usw.), nun aber sogar noch Geld bezahlen solle.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Der Bürgerbeauftragte prüfte das Anliegen des Bürgers und konnte ihm die nachfolgenden Informationen zukommen lassen:
In der von dem Bürger vorgetragenen Angelegenheit geht es in der Sache um eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme. Diese ist ein Instrument des besonderen Städtebaurechts zur städtebaulichen Erneuerung von ganzen Quartieren. Die rechtlichen Grundlagen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme sind in den §§ 136 bis 164 Baugesetzbuch (BauGB) geregelt. Sanierungsmaßnahmen dienen der Behebung städtebaulicher Missstände. Diese liegen vor, wenn ein Gebiet nach seiner vorhandenen Bebauung oder nach seiner sonstigen Beschaffenheit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der in ihm wohnenden oder arbeitenden Menschen nicht entspricht oder das Gebiet in der Erfüllung der Aufgaben erheblich beeinträchtigt ist, die ihm nach Lage und Funktion obliegen.
Zu den städtebaulichen Missständen zählen insbesondere:
- das Nebeneinander von unverträglichen Nutzungen,
- der fehlende Anschluss an öffentliche Verkehrsflächen,
- die fehlende infrastrukturelle Erschließung eines Gebietes mit Grünflächen, Sport- und Spielplätzen und Anlagen des Gemeindebedarfs,
- Bodenbelastungen ("Altlasten"),
- fehlende Einkaufsmöglichkeiten oder Fehlen sonstiger der Versorgung dienender Einrichtungen.
Das Sanierungsverfahren läuft nach einem formalen Schema ab. Die wesentlichen Schritte dabei sind:
- Vorbereitende Untersuchungen
- Förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes durch gemeindliche Satzung (Ortsrecht)
- Durchführung der Sanierung (Ordnungs- und Baumaßnahmen)
- Abschluss der Sanierung.
Mit Inkrafttreten der von der Gemeinde zu beschließenden Sanierungssatzung unterliegen die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen, die Teilung eines Grundstücks und die Veräußerung eines Grundstücks sowie die Bestellung und Veräußerung von Erbbaurechten einer besonderen Genehmigungspflicht.
Um den sanierungsbedürftigen Zustand zu beseitigen und das Sanierungsgebiet neu zu gestalten, bedarf es der Durchführung von Ordnungs- und Baumaßnahmen. Die Durchführung der Ordnungsmaßnahmen ist Aufgabe der Gemeinde. Mögliche Ordnungsmaßnahmen dabei sind die Bodenordnung, der Umzug von Bewohnern und Betrieben, die Freilegung von Grundstücken, die Herstellung und Änderung von Erschließungsanlagen oder sonstige Maßnahmen, die notwendig sind, damit die Baumaßnahmen durchgeführt werden können. Hingegen ist und bleibt es Aufgabe der Eigentümer, die Baumaßnahmen durchzuführen. Hierzu zählen insbesondere die Errichtung von Neubauten und Ersatzbauten, die Modernisierung und Instandsetzung oder die Verlagerung und Änderung von Betrieben.
Von der Möglichkeit, ein bestimmtes Gebiet als Sanierungsgebiet festzusetzen und eine dementsprechende Sanierungssatzung zu erlassen, hatte die betreffende Stadt im hier dargestellten Fall Gebrauch gemacht und auch entsprechende Sanierungsmaßnahmen durchgeführt.
Durch die Sanierungsmaßnahmen werden innerhalb des Sanierungsgebietes Verbesserungen erreicht. Diese drücken sich in der Regel in einer sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung aus. Nach Abschluss der Sanierung hat deshalb jeder Eigentümer, dessen Grundstück innerhalb des Gebietes liegt, einen sogenannten „Ausgleichsbetrag“ zu entrichten.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 154 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB). Darin heißt es:
„(1) Der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks hat zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts seines Grundstücks entspricht. Miteigentümer haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil heranzuziehen. (…)“
Darin ist insbesondere festgelegt, dass der zu entrichtende Ausgleichsbetrag der durch die Sanierung bedingten Bodenwerterhöhung der Grundstücke zu entsprechen hat. Nach § 154 (2) BauGB besteht die durch die Sanierung bedingte Erhöhung des Grundstückswertes aus dem Unterschied zwischen
• dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert AW), und
• dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des Sanierungsgebietes ergibt (Endwert EW).
Demnach ergeben sich für jedes Grundstück zwei Bodenwerte: Der sanierungsunbeeinflusste Bodenanfangswert und der durch den Einsatz von Fördermitteln entstandene sanierungsbedingte Bodenendwert. Beide werden gutachterlich zum gleichen Wertermittlungsstichtag festgestellt. Bezugspunkt beider Werte ist dabei der Tag, an dem das Sanierungsverfahren beendet und die Sanierungssatzung durch den Stadtrat aufgehoben wurde. Die Ermittlung dieser Werte erfolgte vorliegend durch den Gutachterausschuss des zuständigen Katasteramtes in Zusammenarbeit mit der LEG und entspricht dem Wert, um den sich der Bodenrichtwert für die Grundstücke erhöht hat. Auf der Grundlage der auf diesem Wege ermittelten Werte wurde die Satzung über die Erhebung von Ausgleichsbeträgen durch den Stadtrat der betreffenden Stadt beschlossen. Darin wurde dann auch die Höhe des Ausgleichsbetrages (€/m²) bestimmt.
Die Höhe des dann konkret auf jedes Grundstück entfallenden Ausgleichsbetrages richtet sich nach der Größe des Grundstücks und wird sodann jeweils individuell ermittelt. Der Ausgleichsbetrag bezieht sich dabei nur auf die sanierungsbedingte Erhöhung des Bodenwertes. Allgemeine, also konjunkturell bedingte Bodenwerterhöhungen oder auch Bodenwertminderungen und auch solche, die der Bürger als Eigentümer mit eigenen zulässigen Aufwendungen bewirkt haben, sind nicht Bestandteil des Ausgleichsbetrages. Verkehrswertveränderungen eines bebauten Grundstücks aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen des jeweiligen Eigentümers werden also grundsätzlich nicht berücksichtigt. Ebenso ist es unerheblich, ob der Eigentümer Fördermittel erhalten hat.
Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage konnte der Bürgerbeauftragte dem Bürger ausführliche Informationen geben und kein fehlerhaftes Handeln der Stadt entdecken.