Arbeitsamt fordert Geld zurück, was Jobcenter bereits anspruchsmindernd verrechnet hatte
„Was soll ich nur machen? Ich habe mich bemüht, alles richtig zu machen, und nun verlangt das Arbeitsamt fast 500 EUR von mir zurück, die das Jobcenter mir zuvor abgezogen hat. Ich bin am Ende.“ Mit diesen Worten wandte sich eine verzweifelte Bürgerin an den Bürgerbeauftragten und bat dringend um Unterstützung bei der Klärung dieser Angelegenheit.
Sie hatte von der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld I sowie ergänzend dazu vom Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (ALG II) erhalten. Ganz normal wurde dabei das so genannte ALG I als Einkommen bei der Berechnung des ALG II angerechnet. Im September 2018 hatte die Bürgerin einen Minijob aufgenommen und dies umgehend der Agentur für Arbeit sowie dem Jobcenter gemeldet – incl. Vorlage von Arbeitsvertrag und Verdienstbescheinigungen.
Da die Agentur für Arbeit die Arbeitsaufnahme, trotz mehrfacher telefonischer Nachfragen der Frau, erst später berücksichtigte, erhielt die Bürgerin zunächst weiterhin das ALG I in der „alten“ Höhe – ca. 95 EUR monatlich. Dieser Betrag wurde durch das Jobcenter als (ja tatsächlich vorhandene) Einnahme gewertet und von deren Leistungen abgezogen. Als nun die Agentur für Arbeit fünf Monate später durch einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid das zu viel gezahlte ALG I (insgesamt 469,20 EUR) zurückforderte, fragte die Frau beim Jobcenter nach, ob sie nun den – zuvor verrechneten - Betrag von diesem zurückbekomme, um ihn an die Agentur für Arbeit erstatten zu können.
Vom Jobcenter erhielt sie aber die (rechtlich korrekte) Auskunft, dass dies nicht ginge, denn: Rückzahlungsverpflichtungen, die sich nicht auf den laufenden Monat beziehen, bleiben als Schulden im SGB II unbeachtet. Im Ergebnis dessen war eine nachträgliche Korrektur der Leistungsbescheide im hier relevanten Zeitraum zu Gunsten der Bürgerin durch das Jobcenter nicht möglich. Anders gewendet: Trotz der sofortigen Erfüllung ihrer Mitwirkungspflichten entstanden ihr Schulden, die nur auf die Bearbeitungsdauer der Agentur für Arbeit zurückzuführen sind! Da die Bürgerin die Rückforderung nicht in einer Summe hätte begleichen können, bot ihr die Agentur für Arbeit Ratenzahlung an.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Nach einem intensiven Austausch mit der Agentur für Arbeit, in dem der Bürgerbeauftragte auf die lange Bearbeitungszeit, die die Bürgerin nicht zu vertreten hatte, hinwies und außerdem auf die besondere Härte der Rückforderung aufmerksam machte, erließ die Agentur für Arbeit den geforderten Betrag.
Nachdem diese gute Nachricht die Bürgerin erreicht hatte, bedankte sie sich beim Bürgerbeauftragten. Sie schrieb: „Ich möchte mich herzlich bei Ihnen für das Bearbeiten meines Problems bedanken. (…) Mit Ihrer aufwändigen Hilfe, Einsatz und Bemühungen, konnte ich mein Problem mit dem Arbeitsamt nun endlich vom Tisch schieben. Nicht nur, dass es mir viel Nerven und Tränen gekostet hat neben meinen anderen Sorgen (…) ich war nah dran, die Summe zu bezahlen. (…) Ich hätte nie geglaubt, dass es noch Menschen gibt, die anderen so helfen.“
Aufgrund der grundsätzlichen Problematik, die sich in diesem Einzelfall zeigte, regte der Bürgerbeauftragte beim Bundesminister für Arbeit und Soziales die Schaffung einer allgemeinen Regelung für den Schuldenerlass in der hier vorliegenden Konstellation an.