Zuständigkeit für Stauzeitverkürzungen auf Thüringens Autobahnen
Deutschlands Autobahnen sind Fernverkehrsstraßen, die einer Nutzung durch den Schnellverkehr und den Güterfernverkehr dienen. Aufgrund ihrer Errichtung mit stets höhenfreien Knotenpunkten sowie passiven Schutzeinrichtungen ist auf ihnen im Normalfall ein schnelles und sicheres Reisen möglich. Leider kann sich dieser gegenüber anderen Straßenkategorien doch beachtliche Vorteil aber auch schnell umkehren, wenn sich z. B. infolge von Unfällen Verkehrsstaus bilden.
So ereignete sich im Dezember 2016 ein neunstündiger Verkehrsstau auf der BAB 4, als dort ein Lastzug umgekippt war und quer auf der Seite liegend alle Fahrspuren einer Richtung blockierte. Die Ladung des Lkw war durch das Umkippen im Fahrzeug bzw. auf der Fahrbahn verteilt. Die Bergungsarbeiten wurden zusätzlich durch auslaufenden Diesel erschwert. Zwar erfolgte durch die Polizei die Ableitung des gestauten Verkehrs zwischen der Unfallstelle und der letzten freien Anschlussstelle. In der Folge waren dann aber auch die Umleitungsstrecken überlastet, da Umleitungsstrecken das Verkehrsaufkommen von Autobahnen in der Regel nicht aufnehmen können.
Um eine schnellstmögliche Verkehrsfreigabe zu ermöglichen, wurden durch die Autobahnmeisterei in den Abend- und Nachtstunden die durch den Unfall an der Fahrbahn entstandenen Schäden provisorisch beseitigt. Infolge der Schwierigkeiten bei der Beräumung und der Bergung des Lkw konnte jedoch erst nach 9 Stunden eine Fahrspur freigegeben werden. Die in dem Stau befindlichen Autoinsassen wurden durch die Feuerwehr und das THW versorgt.
Aus Anlass dieses Ereignisses wandte sich ein Bürger an den Bürgerbeauftragten und bat um Auskunft, wer für solche langen Stauzeiten letztlich die Verantwortung trägt bzw. wer dafür verantwortlich ist, dass die Stauzeiten nicht verkürzt werden. In diesem Zusammenhang schlug er vor, zur zukünftig besseren Bewältigung derartiger Unfall- bzw. Stauereignisse den Pkw-Verkehr kontrolliert zur letzten Abfahrt zurückzuleiten.
In der Bearbeitung des Anliegens konnte der Bürgerbeauftragte folgende Informationen mitteilen:
Bei Unfall- bzw. Stauereignissen auf den Autobahnen wird der organisatorische Ablauf hauptverantwortlich durch die Polizei in Zusammenarbeit mit den Feuerwehren organisiert und gesteuert. Diese Zuständigkeit der Polizei ergibt sich aus § 2 Abs. 4 Thüringer Polizeiaufgabengesetz in Verbindung mit § 44 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Danach ist die Polizei bei Gefahr im Verzug autorisiert, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr anstelle der an sich zuständigen (Verkehrs-) Behörde tätig zu werden und vorläufige Maßnahmen zu treffen. Im Übrigen ist sie nach § 44 Abs. 2 StVO ohnehin befugt, den Verkehr durch Zeichen und Weisungen (§ 36) zu regeln. Im Rahmen dieser subsidiären Zuständigkeit bestimmt sie die Mittel zur Sicherung und Lenkung des Verkehrs.
Das hierzu von der Polizei aufgestellte Stau- und Störfallmanagement hat das Ziel, Stauzeiten auf Thüringer Autobahnen so gering wie möglich zu halten. Nach Auskunft der Polizei ist die Freigabe von Fahrstreifen nach Unfällen von vielen Faktoren abhängig, die nicht pauschal betrachtet werden können, sondern in hohem Maß als Einzelfall bewertet werden müssen. Während normale Fahrunfälle oftmals recht schnell aufgenommen und geräumt werden könnten, würden aber Unfälle mit umgestürzten Fahrzeugen des Schwerverkehrs und Brände in Tunnelbauwerken starke Beeinträchtigungen im Verkehr auf den Bundesautobahnen bedeuten. Das hohe Fahrzeugaufkommen bewirke in kurzer Zeit enorme Staulängen.
Zu dem vom Bürger unterbreiteten Vorschlag, bei Staus den Pkw-Verkehr kontrolliert zur letzten Abfahrt zurückzuleiten, teilte die Polizei mit, dass dies durchaus praktiziert werde. Sofern kein Fahrstreifen freigegeben werden kann, wird der leichte Verkehr (d. h. bis 7,5 t) gedreht und auf die Umleitungsstrecke geführt. Die Polizei weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass diese Methode mit hohem Personalaufwand verbunden ist, der ggf. im Einzelfall nicht erbracht werden kann.
Durch die Autobahnpolizeiinspektion (API) wurde außerdem mitgeteilt, dass auch bei dem hier angesprochenen Verkehrsunfall auf der BAB 4 auf das Drehen des Staus habe verzichtet werden müssen, da die Umleitungsstrecke bis in die späten Abendstunden völlig überfüllt gewesen sei.
Derartige Ereignisse führen im Ergebnis dazu, das Stau- und Störfallmanagement weiter zu optimieren, um zukünftig dem Ziel, Staus zu verhindern und Stauzeiten auf Thüringer Autobahnen so gering wie möglich zu halten, im Rahmen des Machbaren Rechnung zu tragen.
In diesem Zusammenhang weist die API allerdings darauf hin, dass es sich um ein bundesweites Problem handele, das mit dem enormen (und weiter anwachsenden) Verkehrsaufkommen zusammenhänge und bei Einschränkungen der Fahrbahn zwangsläufig zu Staus oder zähfließendem Verkehr führe.