Wenn es kräftig regnete…
...dann hatten die Eigentümer von Wohngrundstücken an einer stark befahrenen, abschüssigen Landesstraße immer wieder einiges auszustehen. Denn dann stürzte regelmäßig eine Wasserwalze hinab und führte stets große Mengen Schlamm mit sich. Hierdurch wurden die Kanaleinläufe der Straße schnell unwirksam, die Straßenbereiche selbst massiv verunreinigt und die Häuser der Anlieger durch das sich aufstauende und zum Teil in die Grundstücke eindringende Wasser verschmutzt und erheblich beschädigt. Der Schlamm kam von den höher gelegenen Feldern in der Umgebung, die ohne Bewuchs waren.
Die Betroffenen hatten sich zwar bereits selbst an das Landratsamt (LRA) gewandt, das auch mit einer Reihe von Sofortmaßnahmen auf die bestehende Situation reagierte und zudem weitergehende Maßnahmen, mit der eine dauerhafte Lösung der Problematik erreicht werden sollte, ankündigte.
„Trotz dieser Ankündigung ist bis heute aber nur wenig Wirksames passiert!“ beklagten sich nunmehr die Anlieger beim Bürgerbeauftragten. „Während der letzten Starkregen ist es zwar glücklicherweise nicht zu einem Schlammeintrag mit Verstopfung der Regeneinläufe und Anstauen der Wassermassen gekommen, weil die umliegenden Felder bestellt und bewachsen waren“, meinten die Bürger, „aber das nächste Unwetter bei abgeernteten Feldern kommt bestimmt!“ Deshalb erbaten die Betroffenen nun die Hilfe des Bürgerbeauftragten.
Diesem wurde vom Landratsamt zunächst über das bereits realisierte Maßnahmenpaket berichtet: Unter anderem Neuherstellung des Straßengrabens und Befestigung mit Pflaster kaskadenförmig in kürzeren Abschnitten und Bepflanzung von ca. 25 m² direkt an der Wasserdurchbruchstelle. „Allein mit wasserwirtschaftlichen und straßenbaulichen Maßnahmen“ - so das Landratsamt weiter - „ist eine Schadenswiederholung aber nicht auszuschließen. Denn die Ursache der Schadenereignisse liegt primär im Wirken der umliegenden Feldbewirtschaftung.“ Durch diese werde der natürliche Gebietsabfluss von den Hängen gestört, und zwar im Sinne einer massiven Erhöhung infolge fehlender Gebietsretention. Das gesamte betroffene Gebiet sei seitens der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) bereits als „äußerst erosionsgefährdend“ ausgewiesen.
Unter Berücksichtigung dessen trug der Bürgerbeauftragte das Anliegen auch dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz (TMLFUN)* vor und bat im Hinblick auf die landwirtschaftliche Natur der dem Bürgeranliegen zu Grunde liegenden Ursachen um Klärung der folgenden Fragenstellungen:
- Welche Art von Landwirtschaft darf auf den stark erosionsgefährdeten Hängen betrieben werden, ohne Dritte, z. B. die betroffenen Bürger oder die Allgemeinheit (z. B. Gewässer, Straßen), zu schädigen?
- Welche Vorkehrungen müssen an der Peripherie der Landwirtschaft getroffen werden, um unvermeidbare Beeinträchtigungen des natürlichen Abflussregimes zu kompensieren?
Das TMLFUN bestätigte, das in den letzten Jahren Erosionsschadensereignisse in Form von Schlammlawinen in Thüringen an Häufigkeit zugenommen haben. Eine zentrale Verantwortung bei Schadensereignissen durch Bodenverlagerung (Schlammlawine) komme somit den Landwirten zu, obgleich der Landwirt in den seltensten Fällen eindeutig der Verursacher der Bodenverlagerung sei. Die landwirtschaftliche Nutzung der Ackerflächen habe nach den Grundsätzen der „guten fachlichen Praxis" zu erfolgen. Diese Grundsätze beinhalteten eine standortangepasste Nutzung, insbesondere durch Berücksichtigung der Hangneigung, der Wasserverhältnisse sowie der Bodenbedeckung, um aus landwirtschaftlicher Sicht Bodenabträge möglichst zu vermeiden.
Das TMLFUN beauftragte deshalb das zuständige Landwirtschaftsamt, mit dem für die hiesigen Flächen verantwortlichen Landwirt die Grundsätze eines vorsorgenden Erosionsschutzes durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Ackerflächen zu beraten. Der Landwirt legte hierbei dar, dass er zukünftig den Betrieb auf Milchproduktion umstelle. Hierdurch sei ein verstärkter Anbau von Grünfutter (Ackergras) notwendig, wodurch der Bedeckungsgrad der Ackerflächen deutlich erhöht werde, was eine deutliche Reduzierung des Bodenabtrages durch Wassererosionen zur Folge habe.
Im Ergebnis der Bearbeitung des Anliegens war festzustellen, dass sich die Erosionsgefahr durch den Anbau von Ackergras deutlich mindern wird. Auch sind die bereits getroffenen Maßnahmen — Neuherstellung des Straßengrabens, Grabenberäumung und Bepflanzung an gefährdeten Wasserdurchbruchstellen — positiv zu bewerten. Der Eintritt von Schadereignissen nach Starkregen wird aber nie gänzlich vermeidbar sein.
Da im Jahr 2013 trotz Starkregen keine Schadereignisse auf den betreffenden Flächen aufgetreten sind, kann insoweit aber davon ausgegangen werden, dass die zwischenzeitlich getroffenen Maßnahmen einen bestmöglichen Gefahrenschutz gewährleisten.
(Stand: Oktober 2014)
* jetzt Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN)