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  • Dr. K. Herzberg an seinem Schreibtisch

    Dr. Kurt Herzberg, Bürgerbeauftragter des Freistaats Thüringen

    Foto: V. Hielscher
  • Kind sitzt auf dem Fußweg, Kopf gebeugt, Schulranzen steht daneben

    Unterrichtsausfall - auch in Thüringen ein großes Problem

    Foto: Anne Garti/pixelio.de
  • Auto liegt auf Dach, Feuerwehr und Krankenwagen stehen daneben

    Ehrung für Lebensretter

    Foto: Erich Kasten
  • Der Bürgerbeauftragte im Gespräch

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Kann mein Grundstück für den Hochwasserschutz vereinnahmt und ich am Bauen gehindert werden?

Ein Bürger hatte sich mit der Bitte um Unterstützung an den Bürgerbeauftragten gewandt, weil sein Grundstück im Flächennutzungsplan (FNP) einer großen kreisangehörigen Stadt als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen wurde. Dadurch sei das Grundstück nur eingeschränkt baulich nutzbar und somit wertgemindert.

Vor diesem Hintergrund bat er den Bürgerbeauftragten, auf eine Änderung des FNP dahingehend hinzuwirken, dass zumindest nur ein geringer Teil seines Grundstückes zukünftig als Überschwemmungsgebiet berücksichtigt werden möge.

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Lösungsansatz und Ergebnis

Um dem Bürger bei seinem Anliegen behilflich zu sein, wurde ihm zunächst einmal die im gegebenen Fall relevante rechtliche Situation erläutert:

Artikel 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bestimmt: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.“ Ausfluss des dergestalt verfassungsrechtlich geschützten Grundeigentums ist u.a. die Baufreiheit. Die Freiheit, sein Eigentum nach Belieben zu nutzen, ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet, sondern unterliegt Eingrenzungen vor allem des Planungsrechtes.

Hochwasserschutz ist staatliche Aufgabe (siehe §§ 72 ff. Wasserhaushaltsgesetz - WHG). Die zuständigen Behörden haben das Hochwasserrisiko zu bewerten und danach die Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko (Risikogebiete) zu bestimmen. Raumplanung, Bauleitplanung und Wasserwirtschaft sollen in Gebieten, die von Hochwasser bedroht sind oder für die Hochwasserentlastung beansprucht werden, verstärkt darauf ausgerichtet sein, Hochwasserschäden zu verhindern. Die Belange des Hochwasserschutzes sollen in der Landes- und Regionalplanung sowie in der kommunalen Bauleitplanung mit dem Ziel berücksichtigt werden, Risiken durch Hochwasser zu minimieren und Umweltschäden zu verhindern. Die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten ist ein Bereich der Flächenvorsorge.

Um die Gebiete, die überschwemmt werden können, möglichst frühzeitig zu schützen, werden diese schon vor dem Erlass der Rechtsverordnung vorläufig gesichert. Die vorläufige Sicherung ist im Gegensatz zum Rechtsverordnungsverfahren kein förmliches Verfahren. Deshalb entfällt hier die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit. Diese Beteiligung erfolgt dann im Zuge des sich anschließenden Rechtverordnungsverfahrens. Über die vorläufige Sicherung der Überschwemmungsgebiete wird die Öffentlichkeit über den Staatsanzeiger und auf den Internetseiten des Thüringer Landesverwaltungsamts informiert. Die topographischen Karten mit der Ausdehnung der Überschwemmungsgebiete werden an die unteren Wasserbehörden in den Landratsämtern und an die Gemeinden übergeben.

Innerhalb der rechtlich gesicherten Überschwemmungsgebiete wird als vorbeugende Hochwasserschutzmaßnahme das Wirken der Menschen eingeschränkt: § 78 WHG normiert Gebote und Verbote, die für jedermann gelten. Damit sollen vor allem die Schäden, die während eines Hochwasserereignisses auftreten können, verringert werden. Diese Einschränkungen der Nutzbarkeit von Grund und Boden sind eine verfassungskonforme, die Sozialpflichtigkeit des Eigentums akzentuierende Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und gelten gem. § 78 Abs. 8 WHG auch für – wie im Fall des Bürgers – vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete.

Untersagt ist unter anderem:

  • die Ausweisung neuer Baugebiete in den Bauleitplänen,
  • die Errichtung und Erweiterung baulicher Anlagen (nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuchs),
  • die Errichtung von Mauern, Wällen oder ähnlichen Anlagen quer zur Fließrichtung des Wassers,
  • das Aufbringen und Ablagern von wassergefährdenden Stoffen auf dem Boden,
  • das Erhöhen und Vertiefen der Erdoberfläche,
  • die Umwandlung von Auwald in eine andere Nutzungsart.

Von diesen Verboten können nur unter Einhaltung strenger Vorgaben Ausnahmen zugelassen werden (§ 78 Abs. 5 WHG).

Im konkreten Fall ergaben die Recherchen des Bürgerbeauftragten, dass sich das Grundstück in einer Hanglage am Rand der Aue eines größeren Gewässers befindet. Insofern ist es aufgrund seiner Lage von größeren Hochwässern teilweise betroffen. Diese faktische Betroffenheit besteht allerdings von jeher. Die obere Wasserbehörde hat jedoch die bundesgesetzliche Verpflichtung, alle Flächen, die bei einem hundertjährlichen Hochwasser (HQ100) überschwemmt werden, als Überschwemmungsgebiet festzusetzen. Dabei sind allein die tatsächlichen Abflussmengen bei einem solchen Ereignis maßgebend. Insoweit ist das genannte Flurstück etwa zur Hälfte (in dem zum Gewässer hin gelegenen Teil) von einem HQ100 betroffen. Dementsprechend befindet es sich mit diesem Teil auch im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet (ÜSG). Aufgrund der Lage des Grundstückes – so konnte der Bürger weiter informiert werden – werde sich an dieser Beurteilung auch nach Beendigung der in diesem Bereich angedachten Hochwasserschutzmaßnahmen nichts ändern, da es bei einem HQ100 auch künftig in diesem Bereich überschwemmt werden würde. Dieses künftige durch Rechtsverordnung festgestellte ÜSG wird dann auch flurstücksgenau mit entsprechend verbindlichen Karten dargestellt. Die obere Wasserbehörde hat diesbezüglich keinen Ermessensspielraum, sondern muss die Überschwemmungsgebiete zwingend anhand der tatsächlichen Abflussverhältnisse bei einem HQ100 feststellen. Da es in den letzten Jahrzehnten zu einem solchen hundertjährlichen Ereignis in der großen kreisfreien Stadt nicht gekommen ist, war es nachvollziehbar, dass dem Bürger diese Betroffenheit bisher nicht durch eigenes Erleben bekannt geworden ist.

Ergänzend wurde dem Bürger erläutert, dass sein Grundstück hinsichtlich einer etwaigen baulichen Nutzung für denjenigen Teil, der innerhalb des vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebietes liegt, insoweit gegenwärtig bereits den wasserrechtlichen Einschränkungen des § 78 WHG unterliegt. Diese Einschränkungen resultieren jedoch aus den tatsächlichen Abflussverhältnissen. Und für denjenigen Teil, der nicht zum vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet gehört, gelten die allgemeinen bauplanungsrechtlichen Regeln, denen zufolge eine Bebauung unter Beachtung des geltenden Bauplanungsrechtes geprüft werden müsste. Aufgrund der faktischen Betroffenheit des Grundstückes des Bürgers war es dem Bürgerbeauftragten folglich nicht mit Aussicht auf Erfolg möglich, dem Anliegen des Bürgers entsprechend auf eine Änderung hinzuwirken.

Allerdings konnten dem Bürger mit diesen Informationen die Hintergründe der eigeschränkten Nutzbarkeit näher gebracht werden.

Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine detaillierte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.

Stand: 2024

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