Ordentliche Gewässerunterhaltung und Naturschutz – kein Widerspruch!
Ein Bürger sorgte sich um die Gewässerunterhaltung und den Hochwasserschutz in seiner Nachbarschaft. Er vertrat die Auffassung, dass ein Teil des örtlichen Flussbettes und dessen Einfassung sanierungsbedürftig sei. Ebenso kritisierte der Bürger, dass das Flussbett des Zuflusses nicht hinreichend gepflegt würde und die angrenzende Ufermauer sanierungsbedürftig sei. Er bat den Bürgerbeauftragten um Unterstützung bei der Vermittlung seines Anliegens an die zuständigen Stellen.
Accordion
Lösungsansatz und Ergebnis
Das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN), das der Bürgerbeauftragte um Auskunft bat, differenzierte zunächst die Unterhaltungspflicht für beide Gewässer nach § 31 des Thüringer Wassergesetzes. Demnach war eines der Gewässer ein Gewässer I. Ordnung, weshalb die Gewässerunterhaltungspflicht dem Freistaat Thüringen oblag. Die Umsetzung erfolgt durch das TLUBN. Gewässer I. Ordnung sind in Anlage 1 zum Thüringer Wassergesetz namentlich aufgezählt.
Bei dem Zufluss handelte es sich um ein Gewässer II. Ordnung. Für dieses Gewässer lag die Unterhaltungspflicht seit dem 01.01.2020 bei einem Gewässerunterhaltungsverband, der durch das Thüringer Gesetz über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden bestimmt wurde. Alle Gewässer II. Ordnung sind in Thüringen einem von 20 Gewässerunterhaltungsverbänden zugeordnet. Mitglieder im Gewässerunterhaltungsverband sind die im jeweiligen Verbandsgebiet liegenden Gemeinden.
Nachdem zunächst die jeweiligen Zuständigkeiten geklärt waren, beschrieb das TLUBN seine Unterhaltungspflicht am konkreten Beispiel. Demnach soll das natürliche Gewässerbett mit seinen natürlichen Uferböschungen und dessen standortgerechter Ufervegetation erhalten bzw. wiederhergestellt werden. Das Ziel der Gewässerunterhaltung ist es, das natürliche Erscheinungsbild sowie die ökologischen Funktionen der Gewässer zu erhalten und zu pflegen.
Unter anderem schützt eine standortgerechte Ufervegetation die Uferböschungen vor Erosion und bietet den typischen Arten- und Lebensgemeinschaften einen ausreichenden Lebensraum. So finden typische Bewohner der Aue einen Lebensraum in den Gehölzbeständen. Totholz, alte Bäume sowie Höhlenbäume werden erhalten und nur in zwingend erforderlichen Gründen auf Grund der bestehenden Verkehrssicherungspflicht wegen angrenzender öffentlicher Straßen und Wege entfernt. Davon ausgehend werden nicht alle (von Außenstehenden ggf. als störend empfundene) Uferschutzgehölze ständig „kurz" gehalten.
Das betroffene Gewässer verlief im angesprochenen Gewässerabschnitt überwiegend in einem Flussbett, das seinen natürlichen Charakter in Folge urbaner Nutzungen innerhalb der sehr engen Talaue verloren hatte. Linksseitig befand sich ein felsiger Steilhang. Rechtsseitig wurde der Flusslauf überwiegend durch Ufermauern an der Straße bzw. an der Bahntrasse begrenzt.
Diese Ufermauern gehören aber - nach Auskunft des TLUBN – nicht direkt zur Gewässerunterhaltung. Vielmehr sind diejenigen für die baulichen Anlagen unterhaltungspflichtig, denen sie dienen. Ufermauern müssen deshalb von den Grundstückseigentümern unterhalten werden, deren Grundstück sie dienen. Im konkreten Fall war dies das Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr (TLBV) als Straßenbaulastträger der angrenzenden Landstraße. Hier war bereits ein abschnittsweiser Neubau der Ufermauer in Planung. Insofern wurde den Sorgen des Bürgers bereits durch konkretes Planungshandeln begegnet.
Der unverändert natürliche Abschnitt wurde im Rahmen der Gewässerunterhaltung vom Gewässerunterhaltungspflichtigen regelmäßig kontrolliert und es werden Unterhaltungsmaßnahmen im erforderlichen Umfang unter Wahrung des natürlichen Erscheinungsbildes durchgeführt.
Der Sachverhalt macht deutlich, dass die Gewässerunterhaltungspflichtigen bestrebt sind, Gewässerunterhaltung und Naturschutz zu einem sachgerechten Ausgleich zu bringen und die Standards bei Art und Umfang der Gewässerunterhaltung heute andere sind, als noch vor etlichen Jahren, als die Ufervegetation häufig „abrasiert“ wurde.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.
Stand: 2022