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  • Dr. K. Herzberg an seinem Schreibtisch

    Dr. Kurt Herzberg, Bürgerbeauftragter des Freistaats Thüringen

    Foto: V. Hielscher
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Darf ein Versorgungsunternehmen einfach eine Leitung durch mein Grundstück legen und das dann auch noch ins Grundbuch eintragen lassen, ohne mich zu fragen?

Ein Bürger traute eines Tages seinen Augen nicht, als er das örtliche Amtsblatt las: Zu Lasten seines Grundstückes war kurzerhand eine Grunddienstbarkeit ins Grundbuch eingetragen worden und das, ohne ihn zu fragen. Und zwar zugunsten des örtlichen ➤ Abwasserzweckverbandes für eine Abwasserleitung, die durch das Grundstück verläuft. Da der Bürger sich das nicht erklären konnte und die Leitung auch unter einer Scheune verlief, erhob der Bürger bei der zuständigen Unteren Wasserbehörde ➤ Widerspruch gegen die Grundbucheintragung. Dem Bürger war zwar klar, dass die Leitung schon 1963 verlegt worden und es damals nicht möglich war, sich gegen so etwas zu wehren. Nun wollte er aber nicht, dass sich dieser Zustand rechtlich noch dauerhaft verfestigt. Deshalb lehnte er auch die Entschädigung, die ihm der Zweckverband für die Grunddienstbarkeit angeboten hatte, ab. Einige Zeit später bekam er dann auch noch Post vom Grundbuchamt: Auf den Grundbuchauszügen, die sein Grundstück betreffen, war ein „Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs wegen eines nicht eingetragenen Mischwasserkanalrechts gemäß Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung“ eingetragen. Dies konnte der Bürger – auch angesichts des verwendeten Wortungetüms – nun überhaupt nicht mehr nachvollziehen und wandte sich deshalb hilfesuchend an den Bürgerbeauftragten. 

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Lösungsansatz und Ergebnis

Dieser erläuterte dem Bürger unter Einbeziehung des Zweckverbandes, was es mit dem Ganzen auf sich hatte: 

Zur Versorgung der Bevölkerung mit Energie, Kommunikationsdienstleistungen, Wasser usw. sind entsprechende Infrastruktureinrichtungen (Bauten, Leitungen usw.) nötig. Diese Einrichtungen können sich jedoch nicht immer ausschließlich auf Grund und Boden befinden, der dem jeweiligen Versorgungsunternehmen auch selbst gehört. Es ist vielmehr unumgänglich, dass insbesondere entsprechende Versorgungsleitungen auch durch oder über fremde Grundstücke geführt werden. 

Diese teilweise Mitnutzung eines fremden Grundstücks für einen bestimmten, eng umrissenen, dem Wohl der Allgemeinheit dienenden Versorgungszweck darf eben wegen dieses Versorgungszwecks nicht der Beliebigkeit unterliegen, sondern muss rechtlich abgesichert werden. Rechtliches Instrument zur Absicherung eines solchen Mitnutzungsrechtes ist die Belastung des besagten Grundstücks mit einer sog. ‚beschränkt persönlichen Dienstbarkeit’. Diese wird zu Lasten des Grundstücks und zu Gunsten des Versorgungsunternehmens in das Grundbuch eingetragen.  

Allerdings stellt dies in den neuen Bundesländern aufgrund der vormals in der DDR vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse und dem Eigentumsrecht, das auf anderen rechtlichen Grundlagen beruhte, in Form und Umfang eine besondere Problematik dar.

Deshalb ordnete § 9 des Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG) für Energieanlagen, wasserwirtschaftliche Anlagen und sonstige Anlagen das Entstehen beschränkt persönlicher Dienstbarkeiten (= Leitungsrecht für das Versorgungsunternehmen) kraft Gesetzes an. Im weiteren Verlauf kann dann auf Antrag des Versorgungsunternehmens dieses gesetzliche Entstehen der Dienstbarkeit bescheinigt werden. Dieser Antrag des Versorgungsunternehmens auf Erteilung der Bescheinigung ist öffentlich bekannt zu machen. Danach ist der Grundstückseigentümer berechtigt, binnen Vier-Wochen-Frist Widerspruch einzulegen. Bei rechtzeitig eingelegtem Widerspruch wird dann statt der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuches in dieses eingetragen. Denn das Leitungs- und Anlagenrecht selbst ist ja kraft Gesetzes schon entstanden und existiert somit, steht aber eben (noch) nicht im Grundbuch. Dieses ist also im Grunde inhaltlich nicht richtig. Grundstückseigentümer, die an ihren inhaltlichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung festhalten, müssen deshalb gerichtlich einen Grundbuchberichtigungsanspruch geltend machen.

Gegen die beantragte Anlagenrechtsbescheinigung hatte der Bürger seinerzeit Widerspruch eingelegt, der sich gegen den eingetragenen „Standort des Mischwasserkanals, der Trinkwasserleitung und der zugehörigen Anlagen" richtete. Die Anlagenrechtsbescheinigung wurde deshalb schlussendlich mit Widerspruchsvermerk erteilt und der Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs im selbigen eingetragen.

Genau für die Fälle, in denen zu DDR-Zeiten durch staatliche Stellen Privatgrundstücke in Anspruch genommen wurden, hat der Gesetzgeber allerdings klar geregelt, dass diese Ver- bzw. Entsorgungsleitungen, um die es sich vorliegend handelt, Bestandsschutz genießen und kraft Gesetzes genau für diese Leitungen außerhalb des Grundbuchs eine Dienstbarkeit entstanden ist. Daher ist das Grundbuch zu berichtigen. Das zu dieser Berichtigung führende Verfahren hat der Zweckverband über die Beantragung der Anlagenrechtsbescheinigung eingeleitet. Allerdings war auch der Widerspruch des Bürgers gegen die Richtigkeit des Grundbuchs zu vermerken.

Unerheblich ist dabei, ob die betreffende Leitung zwischenzeitlich überbaut wurde. Dies ist zwar nach dem heutigen Stand der Technik nicht gewünscht, hat jedoch auf die kraft Gesetzes entstandene Dienstbarkeit keinerlei Einfluss. Entscheidend ist einzig und allein, dass zu DDR-Zeiten und zum Stichtag der Sachenrechtsdurchführungsverordnung die Leitungen einem öffentlichen Versorgungszweck dienten.

Nach alledem wurde dem Bürger – auch seitens der Wasserbehörde – empfohlen, den damaligen Widerspruch zurückzunehmen. Dem Versorger kann dann eine neue Anlagenrechtsbescheinigung erteilt werden. Auf deren Grundlage kann rangwahrend die Eintragung im Grundbuch erfolgen.

(Stand: März 2015)

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