Keine Sozialleistungen wegen Bestattungsvorsorge?
„Bekomme ich keine Sozialleistungen, nur weil ich für meine Bestattung vorgesorgt habe?“ fragte sich eine ältere Bürgerin und wandte sich rat- und hilfesuchend an den Bürgerbeauftragten.
Aufgrund ihres altersbedingten Gesundheitszustandes musste sie in einem Heim untergebracht werden. Die Kosten dafür waren so hoch, dass die Rente der Frau nicht ausreichte. Deshalb hatte sie einen Antrag auf Hilfe zur Pflege innerhalb von Einrichtungen gestellt. Hierauf war ihr von dem zuständigen Sozialamt mitgeteilt worden, das sie zunächst einmal ihr „Vermögen“ aufbrauchen müsste. Hierzu zählte das Amt auch die Ersparnisse, die die Frau im Rahmen eines Bestattungsvorsorgevertrages zurückgelegt hatte. Dies konnte die Bürgerin nicht nachvollziehen. Schließlich hatte sie doch für ihre Bestattung gespart. Sie konnte und wollte das Geld nicht jetzt ausgeben, weil ihre Bestattungsvorsorge damit hinfällig würde. Sie bat daher den Bürgerbeauftragten um Unterstützung bei der Klärung ihrer Situation.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Der Bürgerbeauftragte konnte die Bedenken der Bürgerin durchaus nachvollziehen, da zunächst gilt, dass die im Rahmen eines Bestattungsvorsorgevertrages angesparten Leistungen nach § 90 Abs. 3 Satz 1 des Zwölften Sozialgesetzbuches (SGB XII) ein Schonvermögen sein können. Er prüfte die Unterlagen der Frau und nahm mit dem zuständigen Sozialamt Kontakt auf. Er bat die Behörde, zu prüfen, inwieweit der hier vorliegende Bestattungsvorsorgevertrag der Bürgerin den Voraussetzungen für eine Anerkennung als Schonvermögen genüge. Denn aus Sicht des Bürgerbeauftragten lagen die Voraussetzungen für die erforderliche Zweckbindung und auch der angemessenen Höhe aus dem Bestattungsvorsorgevertrag vor. Dies konnte die Bürgerin auch mit einem Kontoauszug zum Vertrag klar belegen.
Das Sozialamt stellte im Ergebnis seiner Prüfung fest, dass die im Rahmen des von der Bürgerin abgeschlossenen Bestattungsvorsorgevertrages angesparten Gelder zum Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelung gehören. Dies mit der Folge, dass nun der Bürgerin die beantragten Sozialleistungen gewährt wurden.
Ergänzende Informationen
Hilfe zur Pflege ist eine bedarfsorientierte Sozialleistung in Deutschland zur Unterstützung pflegebedürftiger Personen, die den notwendigen Pflegeaufwand nicht aus eigenen Mitteln sicherstellen können. Sie ist Teil der Sozialhilfe und in den §§ 61 ff. des Zwölften Sozialgesetzbuches (SGB XII) geregelt. Wegen der Einordnung in die Sozialhilfe wird Hilfe zur Pflege nur einkommens- und vermögensabhängig gewährt. Der Einsatz des Einkommens und des Vermögens des Hilfesuchenden ergibt sich aus § 2 SGB XII. Demnach erhält nur derjenige Sozialhilfe, der seinen Bedarf nicht durch den Einsatz seines Einkommens und seines Vermögens selbst decken kann. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages (hier 5.000 EUR, vgl. § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des SGB XII) ist dabei das gesamte verwertbare Vermögen des Antragstellers zu berücksichtigen.
Daneben kann es ein sogenanntes Schonvermögen geben: Das Schonvermögen ist ein im deutschen Sozialrecht und im deutschen Unterhaltsrecht gebräuchlicher Begriff und bezeichnet die Einschränkung der Verpflichtung zum Einsatz eigenen Vermögens. Konkret im Sozialrecht bezeichnet er diejenigen Vermögensgegenstände, die entgegen dem Subsidiaritätsprinzip – Verwertung eigener Mittel vor Inanspruchnahme von Sozialleistungen - ein Hilfebedürftiger nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einsetzen muss. Voraussetzung hierfür ist beispielsweise, dass deren Einsatz oder Verwertung für den Hilfesuchenden selbst oder auch seine Angehörigen eine Härte bedeuten würde (§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII).
Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelung können beispielsweise die im Rahmen eines abgeschlossenen Bestattungsvorsorgevertrages angesparten Leistungen eines Hilfesuchenden sein. Die Aufforderung eines Sozialamtes, wie im Fall der Bürgerin, die Bestattungsvorsorge zunächst einmal zu verwerten, kann sich also ggf. sogar als rechtswidrig herausstellen.
Voraussetzungen für die Anerkennung eines Bestattungsvorsorgevertrages als Schonvermögen sind insbesondere:
- eine eindeutige, verbindliche und ausschließliche Zweckbestimmung für die Bestattungsvorsorge,
- eine Ausgliederung dieses Vermögensbestandteils aus dem übrigen Vermögen und
- eine schriftliche Niederlegung der Zweckbestimmung in einer zum Nachweis geeigneten Form.
Es muss also sichergestellt sein, dass das Geld einer anderweitigen Verfügung durch den Sozialhilfeempfänger entzogen ist. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, muss durch das zuständige Sozialamt im Rahmen der Antragsbearbeitung geprüft werden.
Soweit sich Ihnen hierbei Fragen stellen oder Sie Unterstützung benötigen sollten, können Sie sich an den Bürgerbeauftragten wenden. Er ist gern bei einer Klärung behilflich.