Gewährung von Eingliederungshilfe für hochbegabtes Kind
In Deutschland gibt es ca. 400.000 Kinder und Jugendliche, die als hochbegabt bezeichnet werden können. Doch knapp die Hälfte dieser Kinder haben soziale und vor allem emotionale Probleme. Oft kommen sie in der Schule nicht klar, werden von den Gleichaltrigen nicht verstanden, sind unterfordert oder langweilen sich.
Im konkreten Einzelfall hatten sich die Eltern mit der Bitte um Unterstützung an das zuständige Jugendamt gewandt, da deren Sohn große Schwierigkeiten mit seinem sozialen Umfeld hatte. Hintergrund für die Auffälligkeiten sei die unstrittig nachgewiesene Hochbegabung ihres Kindes, was ihm insbesondere im sozialen Miteinander Probleme bereite. Da diese Schwierigkeiten in seiner bisherigen Schule jedoch unüberwindbar zu sein schienen, entschlossen sich die Eltern des Kindes zu einem Schulwechsel hin zu einer geeigneteren Schule mit Hochbegabtenförderung. Da es aber für eine adäquate Betreuung des Kindes nach Auskunft des Schulamtes keine geeignete Schule im nahen Wohnumfeld gab, entschieden sich die Eltern für eine Schule mit intensiver sozialpädagogischer Betreuung außerhalb ihres Wohnumfeldes mit Unterbringung in einem Internat.
Für die Unterbringung im Internat beantragten die Eltern ➤ Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35a SGB VIII. Leistungen nach § 35 a SGB VIII werden Kindern und Jugendlichen gewährt, wenn ihre seelische Gesundheit sehr wahrscheinlich länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine Beeinträchtigung zu erwarten ist. Das zuständige Jugendamt lehnte den Antrag jedoch ab und begründete dies damit, dass es sich bei der von den Eltern ausgewählten Maßnahme um eine sogenannte Selbstbeschaffung handele.
Diese ablehnende Entscheidung konnte die Familie nicht nachvollziehen. Denn sämtliche Schritte, die im Zusammenhang mit einer positiven Einflussnahme auf die Entwicklung des Kindes standen und noch stehen, seien unmittelbar auch mit dem Jugendamt abgestimmt worden. Die Familie bat deshalb den Bürgerbeauftragten, sie bei der Suche nach einer einvernehmlichen Lösung zum Wohle des Kindes zu unterstützen.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Der Bürgerbeauftragte ließ sich die Sichtweise des Jugendamtes in einer Stellungnahme schildern. Dann wurde ein gemeinsamer Gesprächstermin mit Verantwortlichen des zuständigen Jugendamtes und dem Bürgerbeauftragten vereinbart.
In diesem Gespräch verdeutlichte der Bürgerbeauftragte die besonderen Problemlagen von Eltern mit hochbegabten Kindern und den erhöhten Förder -und Unterstützungsbedarf von betroffenen Familien. Er versuchte Verständnis und Sensibilität für die Schwierigkeiten der Eltern zu wecken. Er stellte im Gespräch heraus, dass es nicht Ziel eines Verfahrens mit solch einem komplexen und problematischen Hintergrund sein könne, Unstimmigkeiten und Zuständigkeitsfragen zwischen Schule und Amt auf dem Rücken der Familie auszutragen. Es müsse sich von selbst verstehen, dass alle Beteiligten bestrebt sein müssten, an einer guten Lösung zum Wohle des Kindes mitwirken zu wollen.
Im Ergebnis konnte der Bürgerbeauftragte durch seine Intervention erreichen, dass dem Antrag auf Eingliederungshilfe entsprochen wurde. Die Kosten für die Unterbringung im Internat sowie möglicherweise zukünftig anfallende Kosten für eine notwendige Zusatzbetreuung werden nunmehr vom Jugendamt übernommen.
Auf diesem Weg gelang es dem Bürgerbeauftragten, eine rechtskonforme, aber auch den individuellen Bedürfnissen im Einzelfall gerecht zu werdende Lösung zu erzielen.
(Stand: Januar 2016)