Wohngeldanspruch bei Gütertrennung? Wer als „Haushaltsmitglied“ gilt
Mit dieser interessanten Frage wandte sich ein Bürger ratsuchend an den Bürgerbeauftragten. Er wohne seit 20 Jahren mit seiner Lebenspartnerin in einem Eigenheim. Seit Anbeginn der Beziehung habe man Gütertrennung vereinbart. Lediglich die laufenden Kosten (Lebensmittel, Energie, Versicherung, Grundsteuer usw.) teile man sich. Aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten beabsichtigte der Bürger nun, einen Antrag auf Lastenzuschusses zu stellen, und wollte deshalb wissen, ob seine Lebenspartnerin trotz der Gütertrennung als Haushaltsmitglied zähle oder nicht. Daran schloss sich die Frage an, welche Vermögensgrenzen infolgedessen gelten würden.
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Lösungsansatz und Ergebnis:
Das Wohngeld bzw. der Lastenzuschuss ist eine Sozialleistung, die der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechte Wohnen dient. Mieter können Wohngeld erhalten, Wohnungs- oder Hauseigentümer den Lastenzuschuss. Wie für jede andere Sozialleistung gilt aber auch für das Wohngeld/den Lastenzuschuss: Staatliche Sozialleistungen werden aus allgemeinen Steuermitteln finanziert. Deshalb sollen sie nur demjenigen zu Gute kommen, der seinen Lebensunterhalt nicht selbst oder mit Hilfe von Menschen, mit denen er in einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft lebt, bestreiten kann. Im gesamten Sozialrecht gilt daher das Subsidiaritäts- bzw. Nachrangprinzip: Derjenige, der staatliche Sozialleistungen in Anspruch nehmen möchte, ist verpflichtet, zuvor bis zu einem gewissen Maß eigenes Einkommen und Vermögen bzw. Einkommen und Vermögen, das der Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft, in der er lebt, zur Verfügung steht, zur Sicherung des Lebensunterhaltes einzusetzen.
Für die Gewährung von Wohngeld/Lastenzuschuss müssen bestimmte Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein. Ein wichtiger Faktor für die Feststellung des Anspruchs auf Wohngeld bzw. Lastenzuschuss ist die Zahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder. Die Zahl der zum Haushalt des Wohngeldberechtigten gehörenden Personen bestimmt nämlich, bis zu welcher Höhe eine Miete oder Belastung zu berücksichtigen ist (§§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 S.1). Umgekehrt kommt es bei der Ermittlung von Gesamt- (§ 13 Abs. 1) und Jahreseinkommen (§ 14 Abs. 1 S. 1) auf das Einkommen aller Haushaltsmitglieder an.
Der Begriff des Haushaltsmitglieds knüpft an die Haushaltsgemeinschaft, das heißt die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, an.
Wegen des Vorliegens der Gütertrennung bestanden nun im hier vorliegenden Fall Zweifel an der Wirtschaftsgemeinschaft des Bürgers mit seiner Lebensgefährtin. „Gütertrennung“ ist zwar ein Fachbegriff aus dem ehelichen Güterrecht, setzt also eine Eheschließung voraus. Umgangssprachlich wird er aber auch verwendet, wenn sich Partner trotz bestehender Lebens- und Einstehensgemeinschaft für „getrennten Kassen“ entschließen: Jeder Partner behält das, was er bzw. sie bereits vor der Partnerschaft erworben hatte, und auch das, was er bzw. sie während der Partnerschaft erwirbt. Kurz: Beide Partner verwalten ihr jeweiliges Vermögen unabhängig voneinander. Wenn das aber – wie hier im Fall – so ist, kann dann noch von einer Wohn- und vor allem Wirtschaftsgemeinschaft die Rede sein?
Das Wohngeldgesetz stellt darauf ab, ob die Wohnung, für die Wohngeld beantragt wird, für die jeweiligen Haushaltsmitglieder Mittelpunkt der Lebensbeziehungen ist. Eine Wohnung ist dann Mittelpunkt der Lebensbeziehungen, wenn die Person, die Wohngeld beansprucht, in dieser Wohnung oder als Haushaltsmitglied Nutznießer des Wohngeldes ist, sich dort überwiegend zum Wohnen aufhält, von dort familiäre Beziehungen pflegt und verschiedene Aktivitäten des Lebens, wie Arbeiten und Freizeitbeschäftigungen usw. nachgeht. Der Begriff des Lebensmittelpunktes oder Mittelpunkt der Lebensbeziehungen ist enger als der Begriff des Wohnsitzes oder des ständigen Aufenthaltes, denn er dient dazu, einen Haupt- von einem Nebenwohnsitz abzugrenzen.
Dementsprechend gelten als „Haushaltsmitglieder“ neben dem Wohngeldberechtigen selbst auch die in § 5 Abs. 1 Satz 2 WohnGG genannten Personen: Ehegatten, Lebenspartner, eheähnliche und partnerschaftsähnliche Haushaltsmitglieder, Verwandte und verschwägerte Haushaltsmitglieder, Pflegekinder eines Haushaltsmitgliedes und die Pflegemutter oder der Pflegevater eines Haushaltsmitgliedes.
Bei eheähnlichen und partnerschaftsähnlichen Beziehungen orientiert sich der Gesetzeswortlaut an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Erforderlich für eine eheähnliche Gemeinschaft ist eine über eine bloße Wohn- und Wirtschafts-gemeinschaft hinausgehende Einstandsgemeinschaft, also der wechselseitige Wille, füreinander einzustehen und Verantwortung füreinander zu tragen.
Fazit: Auch Lebenspartner zählen als Haushaltsmitglied im Sinne des Wohngeldgesetzes, wenn diese ihren Lebensmittelpunkt in der Wohnung/dem Haus haben, für das Wohngeld bzw. Lastenzuschuss beantragt wird. Im gegebenen Fall sprachen die Einzelfallumstände klar dafür, dass die Lebenspartnerin des Bürgers ihren Lebensmittelpunkt im gemeinsam bewohnten Eigenheim hat, unabhängig von der praktizierten Gütertrennung hinsichtlich des Vermögens. Deshalb galt sie als Haushaltsmitglied nach § 5 Abs. 1 WoGG, weshalb die entsprechenden Vermögensgrenzen Anwendung fanden.
Obwohl die rechtsverbindliche Einzelfallprüfung auch hier der zuständigen Behörde vorbehalten bleiben musste, konnte der Bürger die Erfolgsaussichten seines Antrages durch die Auskunft des Bürgerbeauftragten nun sehr viel besser einschätzen.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.
Stand: 2023