Kindergeld in grenzüberschreitenden Fällen
Eine junge Familie hat eine Zeit lang in der Schweiz gelebt. Aus privaten Gründen war die Mutter mit dem minderjährigen Kind nach Deutschland zurückgekehrt, der Vater war in der Schweiz geblieben. Die Mutter beantragte in Deutschland bei der nach ihrem Wohnort zuständigen Familienkasse Kindergeld. Die Familienkasse bewilligte zwar das Kindergeld, allerdings lediglich in der Höhe des Unterschiedsbetrages zu den in der Schweiz dem Grunde nach zustehenden Leistungen, da der Vater weiterhin in der Schweiz lebte und arbeitete. Problem war allerdings, dass Mutter und Kind zu jenem Zeitpunkt gar keine Familienleistungen der Schweiz erhielten. Die Mutter hatte so den Eindruck, dass ihr ein großer Teil des dem Kind eigentlich zustehenden Kindergeldes vorenthalten würde. Deshalb suchte sie Hilfe und Rat beim Bürgerbeauftragten. Sie beklagte sich zudem bitter darüber, dass die deutsche Familienkasse sie gegenüber den Schweizer Behörden bei der Durchsetzung ihrer Leistungsansprüche nicht unterstützte. „Ich soll mich hier um alles allein kümmern. Ist es denn nicht die Pflicht der Familienkasse, sich mit den Schweizer Behörden in Verbindung zu setzen?“, fragte sie den Bürgerbeauftragten.
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Lösungsansatz und Ergebnis:
Der Bürgerbeauftragte prüfte den Fall und erläuterte der Bürgerin, wie die Dinge hier liegen:
Grundsätzlich ist diejenige Familienkasse zuständig, in deren Bezirk der Antragsteller wohnt oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. In grenzüberschreitenden Fällen gibt es allerdings besondere Zuständigkeiten. Diese erläutert die Familienkasse in einem Informationsblatt (https://www.arbeitsagentur.de/datei/kg52eu_ba014340.pdf). Für Fälle, die die Schweiz betreffen, ist die Familienkasse Baden-Württemberg West zuständig.
In dem Merkblatt heißt es, dass in grenzüberschreitenden Kindergeldfällen sich die Familienkasse im Rahmen der Prüfung der Anspruchskonkurrenzen mit dem ausländischen Träger für Familienleistungen über die vor- bzw. nachrangige Zuständigkeit verständigen muss. Zu diesem Zweck sind die Träger zu einem Informationsaustausch verpflichtet. Dieses Verfahren ist nach den EG-Verordnungen Nr. 883/2004 und 987/2009 vorgeschrieben und wird ausschließlich auf der Ebene der Träger (für Familienleistungen) abgewickelt.
Insofern hatte die im vorliegenden Fall zuständige Familienkasse Baden-Württemberg West aus Sicht des Bürgerbeauftragten nicht korrekt gehandelt, als sie die Mutter darauf verwies, selbst tätig werden zu müssen.
Auf einem anderen Blatt stand die Frage, ob und inwieweit der Thüringer Bürgerbeauftragte hier weitergehend gegenüber der Familienkasse tätig werden konnte. Dies war auf Grund der föderalen Kompetenzordnung zu verneinen. Denn der Thüringer Bürgerbeauftragte kann die ihm durch das Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz gegebenen Befugnisse nur gegenüber Thüringer Behörden ausüben. Er konnte also nicht auf die Familienkasse Baden-Württemberg West zugehen.
Allerdings verfügt auch das Bundesland Baden-Württemberg über eine Bürgerbeauftragte. Der Thüringer Bürgerbeauftragte leitete das Anliegen deshalb nach entsprechendem Einverständnis der Bürgerin an seine baden-württembergische Amtskollegin weiter und bat um Übernahme der Bearbeitung dort.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.