Skip to main content
print-header
  • Dr. K. Herzberg an seinem Schreibtisch

    Dr. Kurt Herzberg, Bürgerbeauftragter des Freistaats Thüringen

    Foto: V. Hielscher
  • ältere Frau sitzt auf einer Bank mit dem Schriftzug Rentnerbank

    Erstattungsanspruch hemmt Auszahlung der Rente

    Foto: Barbara Eckholdt/pixelio.de
  • Der bürgerbeauftragte im Gespräch mit Besuchern

    Großer Andrang am Stand des Thüringer Bürgerbeauftragten zum Tag der offenen Tür im Thüringer Landtag

    Dr. Kurt Herzberg im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern beim Tag der offenen Tür, Foto: Volker Hielscher
  • Die Teilnehmer der Tagung auf der Treppe mit Blick zur Kamera

    Treffen der kommunalen Bürgerbeauftragten in Erfurt

    Teilnehmer des Treffens der kommunalen Bürgerbeauftragten, vorn: Dr. Kurt Herzberg, Foto: Thüringer Bürgerbeauftragter
  • älterer Mann hält Kaffeetasse in der Hand

    Nachbarschaftshilfe – Thüringer Bürgerbeauftragter mahnt dringend Erleichterungen an

    Foto: Rainer Sturm/pixelio.de
  • Der Bürgerbeauftragte im Gespräch

    Ich berate Sie gerne an einem unserer Sprechtage, auch in Ihrer Nähe.

    Hier finden Sie alle Informationen zu Ort und Zeit der Sprechtage des Bürgerbeauftragten.
  • Dokument mit einem Stift darauf

    Ihr Anliegen in guten Händen

    Sie können sich jederzeit schriftlich oder mündlich an uns wenden. Nutzen Sie auch unser neues Onlineformular.
zurück zur Auswahl

Wo gearbeitet wird, werden auch Fehler gemacht – Auf den richtigen Umgang damit kommt es an!

Eine junge Frau suchte für ihre Mutter die Hilfe des Bürgerbeauftragten. Es ging um die Ausstellung eines Ausweises und eines Reisepasses. Die Frau schrieb: 

„(…) Meine Mutter ist 78 Jahre alt und leidet seit drei Jahren an einer Krebserkrankung, die immer weitere Organe angreift. Meine Mutter befindet sich in einer Chemotherapie, eine der Nebenwirkungen ist kompletter Haarausfall. Heute beantragte meine Mutter (…) einen neuen Pass plus Reisepass, beide Dokumente sind abgelaufen. Dafür ließ sie natürlich zuvor Passbilder anfertigen, wofür sie, so wie sich das während der Erkrankung angewöhnt hat, eine leichte Kopfbedeckung trug, also weder ein Kopftuch noch eine Perücke. Vielleicht lässt sich das mit einer Art leichten Mütze am ehesten beschreiben. Mit den Bildern ging sie zum Einwohnermeldeamt, dort beschied man ihr, dass sie sich jedoch komplett haarlos und ohne Kopfbedeckung fotografieren lassen muss. (…) Nun ist es so, dass sich meine Mutter in ihrem hohen Alter wirklich sehr ungern kahlköpfig vor Fremden zeigt, sondern das vielmehr als Einbruch in ihre Privatsphäre empfindet. Sie ist ganz durcheinander und aufgebracht, dass man ihr das zumutet und genauso, dass sie diese Bilder/Ausweise unter Umständen ja auch noch Fremden vorzeigen muss. Nicht mal uns, ihrer Familie gegenüber, zeigt sie sich kahlköpfig. Natürlich hegt sie zudem die Hoffnung, dass sich der kahlköpfige Zustand irgendwann bessern wird. Soll sie dann tatsächlich ständig dieses gruselige Bild vorzeigen, übrigens vielleicht im letzten Ausweis, den sie jemals haben wird? Mich beschäftigt auch die Frage, wie es sein kann, dass man Kopfbedeckungen aus religiösen Gründen akzeptiert, bei erkrankten Menschen hingegen keine Kopfbedeckung? (…) Den gesamten Vorgang finde ich menschenunwürdig. Gerade Menschen, die so stark von einer Krankheit belastet sind, auch noch mit solchen behördlichen Regelungen zu kommen, ist meines Erachtens äußerst unsensibel. Beim Behördengang war ich nicht dabei, (…) Meine Mutter schilderte ihn so, dass es zu keinem Zeitpunkt einen Streit mit der Zuständigen der Ausweisstelle gegeben hat, sondern sich die Mitarbeiterin dort lediglich an ihre Vorschriften gehalten hat. (…)“ 

Lösungsansatz und Ergebnis:

Betroffen über diese Schilderung, prüfte der Bürgerbeauftragte die Rechtslage. Und die war zwar eindeutig, allerdings anders, als vom Amt in die Tat umgesetzt. Nach dem eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschrift des § 4 der Verordnung zur Durchführung des Passgesetzes (PassV) können vom Gebot der fehlenden Kopfbedeckung nämlich „insbesondere“ aus religiösen Gründen Ausnahmen zugelassen werden. Diese Formulierung des Verordnungsgebers bedeutet, dass auch andere, eine Ausnahme rechtfertigende Gründe für denkbar gehalten werden und ihnen auch Berücksichtigung zukommen soll. Aus Sicht des Bürgerbeauftragten war genau ein solcher Fall hier gegeben. Da es sich um eine Ermessensvorschrift handelt („können … zugelassen werden“), ist die Behörde verpflichtet, von dem ihr eingeräumten Ermessen pflichtgemäß Gebrauch zu machen. Das bedeutet vor allem, dass die Behörde den ihr zur Verfügung stehenden Wertungs- und Entscheidungsspielraum überhaupt erst einmal als solchen erkennen und dann auch sachbezogen danach handeln muss. In die Beurteilung des Sachverhaltes dürfen also zum Beispiel keine sachfremden Erwägungen einbezogen werden. 

Da die zuständige Meldebehörde hier scheinbar gar nicht erkannt zu haben schien, dass es Ausnahmen vom Gebot der fehlenden Kopfbedeckung bei Passfotos gibt, ging der Bürgerbeauftragte davon aus, dass die von der Behörde eingenommene Position ein sog. Ermessensnichtgebrauch und damit ermessensfehlerhaft war. 

Mit dieser Argumentation wandte sich der Bürgerbeauftragte an das Thüringer Ministerium für Inneres, Kommunales und Landesentwicklung und bat um Prüfung, ob im gegebenen Sachverhalt die Möglichkeit eines Entgegenkommens i.S.d. geschilderten Anliegens gesehen wird.

In seiner Antwort zitierte das Ministerium zunächst aus einer einschlägigen Verwaltungsvorschrift, in der es heißt: "Unabhängig vom Lebensalter sind aus medizinischen Gründen Abweichungen von den Lichtbildanforderungen zulässig. Medizinische Gründe in diesem Sinne sind dann anzunehmen, wenn es der antragstellenden Person nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen objektiv nicht möglich sein wird, die Lichtbildanforderungen in absehbarer Zeit zu erfüllen. Darüber hinaus können bei entsprechender medizinischer Indikation auch persönliche Gründe eine Abweichung begründen (z. B. Tragen einer Kopfbedeckung bei kreisrundem Haarausfall). Im Zweifel ist der medizinische Grund durch ein ärztliches Attest nachzuweisen. In jedem Fall muss jedoch sichergestellt sein, dass das Gesicht von der unteren Kinnkante bis zur Stirn erkennbar ist, ohne dass Schatten auf dem Gesicht entstehen.

Dann stellte das Ministerium - in völliger Übereinstimmung mit der Beurteilung des Bürgerbeauftragten - fest, dass eine Ermessensausübung unter Berücksichtigung der entsprechenden Regelungen durch die Behörde hier bedauerlicherweise nicht erfolgt sei. 

Die Stadt bedauere die Unannehmlichkeiten allerdings sehr und wolle sich in einem persönlichen Gespräch bei der Betroffenen entschuldigen. Außerdem biete sie an, dass unentgeltlich ein neuer Personalausweis mit Kopfbedeckung auf dem Lichtbild beantragt werden könne. Diesbezüglich werde die Betroffene herzlich gebeten, einen Termin mit dem Einwohnermeldeamt zu vereinbaren. Die Stadt, so teilte das Ministerium weiter mit, nehme den Vorfall sehr ernst und werte den Sachverhalt mit den Mitarbeitern aus, um sicherzustellen, dass sich derlei nicht wiederhole. 

So konnte ein wirklich äußerst unglücklich verlaufener Behördenkontakt im Ergebnis noch zu einem zufriedenstellenden Ende gebracht werden. Wichtig ist, mit Fehlern konstruktiv umzugehen!

Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir ggf. auf eine detaillierte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.

Stand: 2025

 

Ihr Anliegen

Sie verstehen Ihren amtlichen Bescheid nicht? Wissen nicht, welche Behörde Ihr Anliegen bearbeiten kann? Oder Sie benötigen einfach nur eine amtliche Information oder Auskunft und wissen aber nicht, an wen Sie sich wenden können?

Ich prüfe Ihr Anliegen, schaue genau hin, berate und unterstütze Sie kostenlos in Verwaltungsangelegenheiten.

 

Anliegen online einreichen

Ihr Anliegen

Sie verstehen Ihren amtlichen Bescheid nicht? Wissen nicht, welche Behörde Ihr Anliegen bearbeiten kann? Oder Sie benötigen einfach nur eine amtliche Information oder Auskunft und wissen aber nicht, an wen Sie sich wenden können?

Ich prüfe Ihr Anliegen, schaue genau hin, berate und unterstütze Sie kostenlos in Verwaltungsangelegenheiten.

 

Anliegen online einreichen

Ihr Weg zum Bürgerbeauftragten