Teure Bratwurst ! … Wenn die Stadt die Bewirtschaftung eines öffentlichen Parkplatzes einem Privaten überträgt
Frustriert und wütend war ein Bürger nach einem Ausflug in den Thüringer Wald. Was war passiert? An einem beliebten Ausflugsziel Thüringens an einem auf einem Berg gelegenen Aussichtspunkt, hatte der Bürger Station gemacht, sein Auto abgestellt und eine Bratwurst verspeist. Die aber wurde zur teuersten Bratwurst, die er je gegessen hatte: die Überschreitung der kostenfreien Parkzeit von 15 Minuten um ganze 52 Sekunden (!) schlug nämlich mit einer Vertragsstrafe i.H.v. 45,- € zu Buche.
Da der Bürger der Ansicht war, sein Fahrzeug auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt zu haben, konnte er die ihm gegenüber verhängte „Vertragsstrafe“ für die Parkplatznutzung nicht nachvollziehen und bat daher den Bürgerbeauftragten um Unterstützung bei einer Klärung.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Der Bürgerbeauftragte klärte erst einmal die Hintergründe des Geschehens auf: Die für den örtlichen Aussichtspunkt zuständige Gemeinde hatte sich dazu entschieden, den betroffenen Parkplatz nicht (mehr) kostenfrei zur Nutzung zur Verfügung zu stellen und auch nicht (mehr) „in eigener Regie“ zu bewirtschaften. Die Parkraumbewirtschaftung wurde an eine private Firma ausgelagert. Die beauftragte Firma hatte in diesem Fall wegen der Überschreitung der kostenfrei eingeräumten Parkdauer die Vertragsstrafe ausgesprochen. Dies sahen auch die Nutzungsbedingungen, die vor Ort durch entsprechende Hinweisschilder kundgetan waren, vor. Dieses Tätigwerden war Gegenstand der zwischen der Gemeinde und der Firma geschlossenen vertraglichen Vereinbarung, die die Dienstleistung der Firma regelt.
Der Bürgerbeauftragte konnte auf diesen zivilrechtlichen Sachverhalt nicht weiter einwirken. Und auch die Entscheidung der Gemeinde, den Parkplatz nur noch gegen Nutzungsentgelt zur Verfügung zu stellen und die Parkraumbewirtschaftung an einen externen Dienstleister auszulagern, war – da im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung getroffen – vom Bürgerbeauftragten nicht zu beanstanden.
Gleichwohl leuchtete ein, dass Nutzer des Parkplatzes die geltenden Nutzungsbedingungen ggf. als „zu streng“ empfinden und den Parkplatz deshalb meiden. Negative Auswirkungen auf die touristische Attraktivität des Ausflugsziels waren also durchaus denkbar.
Diesen Aspekt und seinen Unmut über die Nutzungsbedingungen des Parkplatzes sowie das „strenge Kontroll- und Ahndungsregiment“ der mit der Bewirtschaftung beauftragten Firma kann der Bürger an die kommunalen Mandatsträger bzw. im Gemeinderat vertretene Gruppierungen herantragen, um damit einen kritischen Reflexionsprozess anzustoßen. Auf diese Weise kann ggf. bewirkt werden, dass die Gemeinde ihre Entscheidungen im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Parkplatzes (Gestaltung der Nutzungsbedingungen, Bewirtschaftung durch private Firma) überdenkt und ggf. ändert.
Mit diesen vom Bürgerbeauftragten gegebenen Hinweisen konnten dem Bürger die Hintergründe der Vertragsstrafe transparent gemacht, zugleich aber auch Handlungsoptionen aufgezeigt werden.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir ggf. auf eine detaillierte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.
Stand: 2024