Gibt es Alternativen zum Friedhofszwang für Urnen? – Auch in Thüringen ein Thema!
„Meine Frau und ich – wir beide haben einen starken Bezug zur Seefahrt. Deshalb möchten wir beide eine Seebestattung, sterben aber ja wahrscheinlich nicht gleichzeitig. Was kann ich tun, damit unser beider letzter Wunsch rechtskonform erfüllt werden kann?“, fragte ein Bürger den Thüringer Bürgerbeauftragten. Das Bestattungsrecht, ein Zusammenwirken aus Landesgesetz und kommunaler Satzung, macht da strikte Vorgaben, die mit den Wünschen der Bürger nicht immer einfach in Einklang zu bringen sind.
Accordion
Lösungsansatz und Ergebnis
Die in seinem Schreiben an den Bürgerbeauftragten genannten Beweggründe dafür, dass der Überlebende die Urne mit der Asche des Erstverstorbenen übergangsweise zu Hause aufbewahren möchte, damit im Fall des Ablebens des Partners eine gemeinsame Seebestattung möglich ist, konnte der Bürgerbeauftragte menschlich zwar sehr gut nachvollziehen. Allerdings musste er dem Bürger mitteilen, dass eine solche – auch nur übergangsweise – Aufbewahrung einer Urne zu Hause rechtlich nicht zulässig ist.
Die Vorgaben des Thüringer Bestattungsgesetzes und auch die der Bestattungsgesetze der anderen Bundesländer sind in dieser Hinsicht eindeutig: für Urnen gilt der sog. Friedhofszwang. Dies und die Hintergründe dessen hat für Thüringen das Verwaltungsgericht Weimar in einem Urteil aus dem Jahre 2002 (Az.: 6 K 177/02.We) ausführlich dargelegt. Nur in Bremen gibt es seit dem Jahre 2014 diesbezüglich gelockerte Vorschriften und es ist unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, eine Urne mit Asche mit nach Hause zu nehmen.
Eine Lösung für die von dem Bürger geschilderte Situation könne jedoch, so teilte ihm der Bürgerbeauftragte mit, unter Umständen im Wege einer Umbettung der Urne der Erstversterbenden erreicht werden. Umbettungen unterliegen aus begreiflichen Gründen zwar auch gewissen rechtlichen Voraussetzungen, denn die Totenruhe darf grundsätzlich nicht gestört werden. Deshalb darf der Träger des Friedhofs Ausgrabungen und Umbettungen von Leichen und Urnen schon vor Ablauf der Ruhezeit nur zulassen, wenn ein wichtiger Grund die Störung der Totenruhe rechtfertigt. Diese landesgesetzliche Vorgabe setzte die für den Wohnort des Bürgers maßgebliche Friedhofssatzung durch eine gleichlautende Bestimmung um. Juristisch ist nun aber davon auszugehen, dass triftige persönliche Gründe die Annahme dieses nach dem Bestattungsgesetz und der Satzung für eine Umbettung nötigen „wichtigen Grundes“ rechtfertigen können.
Hieran knüpft ein ganz aktuell ergangenes Urteil des Verwaltungsgerichtes Berlin (Az.: VG 21 K 129/21) an. Es bestätigt die o.g. Grundlinie, wonach eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Ruhe der Toten nicht gestört werden dürfe, nur bei einem so wichtigen Grund in Betracht kommen könne, dass selbst die Achtung vor der Totenruhe dahinter zurückzustehen habe. Hinsichtlich dessen nahm das Gericht aber auch in den Blick, ob der Verstorbene zu Lebzeiten ggf. sein ausdrückliches Einverständnis mit einer Umbettung erklärt habe oder zumindest ein entsprechender mutmaßlicher Wille festgestellt werden könne.
Ausgestattet mit diesen Hintergrundinformationen, empfahl der Bürgerbeauftragte dem Bürger und seiner Frau daher, die gemeinsamen Beweggründe für die gemeinschaftliche Seebestattung sowie ein wechselseitiges Einverständnis mit einer dereinstigen Umbettung zu Papier zu bringen und sodann mit der Friedhofsverwaltung seines Heimatortes Kontakt aufzunehmen, um eine Klärung der Angelegenheit in seinem Sinne zu erwirken.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.